Typenkunde RD02 Teil1: Ur-(D)omi

Im November 1987 wurde die NX650 der Fachpresse in Italien am Ätna präsentiert. Dabei handelte es sich um Vor-Serienmaschinen, die in einigen Punkten nicht der Serie entsprachen.

Das Lampengitter am Scheinwerfer gab es später in Frankreich und Italien als Zubehör und hätte wohl bei der Homologation in Deutschland keine Chance gehabt. Das Krümmerschutzblech war kleiner - in Serie lag dann der Kickstarter auf dem verlängerten Blech auf, was mit einem kleinen schwarzen Überzieher honda-untypisch ziemlich provisorisch gelöst wurde.

Auffallend sind die fehlenden Blechverstärkungen am Heckrahmen, ursprünglich sollte die Dominator besonders leicht werden. Das erklärt auch die ungewöhnlich geringe Speichenanzahl (32), zum Leidwesen aller Umbauer. Bei den Vorderradnaben hat Honda allerdings den Leichtbau übertrieben, hier mussten später die kompletten Räder wegen Bruchgefahr ausgetauscht werden.

In den ersten Tests kam die Dominator gut an  - allgemein wurde das stabile und handliche Fahrwerk gelobt, auch der durchzugsstarke Motor war ein deutlicher Fortschritt zu den XL600 Vorgängern. Nur die Endleistung enttäuschte etwas, mit ca 42 gemessenen PS lag die 650er nicht über den 600ern der Konkurrenz.

Trotz dieser positiven Resonanz waren die Verkaufszahlen enttäuschend. Honda wollte ursprünglich 2000 Stück pro Jahr verkaufen, schaffte aber 1988 gerade mal die Hälfte. Notgedrungen wurde das 88er Modell ("J") auch noch 1989 angeboten. Aus diesem Grund wurden auch keine 89er ("K") von Honda bestellt - und daher sind alle in Deutschland verkauften Ur-Domis Baujahr 1988. Offiziell wurden nur ganze 2000 Stück verkauft und bereits 1990 kam das Nachfolgemodell auf den Markt.

Neben den geringen Verkaufszahlen wurden ihre Reihen auch noch durch etliche Motorschäden gelichtet.  Ölmangelschäden und ausgefallene Sitzringe sind bei diesem Baujahr häufig, mutmaßlich spielte hier eine Rolle, das bis Ende 1988 noch die alten Ölpumpen der XL600R eingebaut waren. Bei Zylinderkopfschäden wurde dann oft der Motor eines späteren Modells eingebaut, erkennbar am fehlenden Kickstarter. Gut erhaltene und originale Kickerstarter Domis sind daher inzwischen richtig selten geworden.

Noch seltener ist es, gleich alle drei Farbvarianten anzutreffen.

Da war auf einem Treffen 2017 diese sehr schöne in R134 fighting red  (der gleiche Farbton wie bei der NX250) - fast wie 1988 gekauft. Nur die modernen Conti Reifen und die schwarzen Krümmer stören das Bild - bekanntermaßen hatten die Uromis goldene Edelstahlkrümmer. Auf diesen Zustand zu restaurieren dürfte sehr schwierig sein, weil es viele Aufkleber, Sitzbank oder die geschlitzten Bremsscheiben nicht mehr zu kaufen gibt.

Ebenfalls sehr schön ist diese Blaue in dem seltenen Pb-198 neo blue - Punktabzug gibt es allerdings für den abgeschliffenen Gepäckträger, die schwarze Sitzbank und die fehlende Gabelverkleidung. Edelstahlschrauben sind ebenfalls nicht meins.

Und schließlich die  - meiner Meinung nach - schönste Farbe NH1 honda black. Im originalen Lack und sogar die unsägliche Schutzblechverlängerung ist vorhanden. Damals ein großes Thema für die Rennleitung und den TüV.

Neben diesen deutschen Varianten gab es es außerdem noch eine US-Version in dem B123MU astro blue metallic. Unterschiede zu den deutschen Modelle betreffen das Abgasreinigungssystem SLS, die hintere Trommelbremse, Krümmer aus normalen Stahl und der  Kickstarter fehlte ebenfalls - wobei letzterer gerade in den USA noch am ehesten Sinn gemacht hätte. Die US Schalldämpfer hatten außerdem einen Funkenfänger (Krizmann), was 1 PS Leistung kostete. Da sich die NX650 wie die NX250 in den USA sehr schlecht verkaufte wurde sie Anfang der 90er ebenfalls nach Deutschland grau importiert - leider haben US Domis daher mindestens eine Erstzulassung von 1990.

Selbst ausgewiesenen Domi-Kennern dürfte aber unbekannt sein, das es in Europa zwei weitere Farben gab. 1989 gab es in Italien die Farbe NH138 shasta white   - sozusagen der weiße Rabe unter den Uromis. Im Prinzip eine Blaue mit weißen Lacksatz. Nach Deutschland kam die Weiße nicht, weil 1989 noch das 1988er Modell abverkauft werden musste - siehe oben.

Noch seltener dürften Domis in YR158M grey metallic sein. Schon mal jemand so eine in Natura gesehen? Diese stammt aus einer Schweizer Verkaufsanzeige - in der Schweiz hatten die Domis übrigens von Anfang an SLS. In Frankreich wurde diese Farbe anscheinend auch  angeboten - jedenfalls erscheint sie auf einem französischen Prospekt aus dem Jahre 1988.

Und schließlich noch eine weitere Variante von down-under, eine interessante Mischung aus US und EU Modell.