Gailtalerin RD02
(Bilder & Text von Wolf-Ingo)
Bei meiner geliebten Gailtalerin handelt es sich um eine 1991er RD 02, die erstmals in Italien zugelassen wurde. Wer jetzt darauf hinweisen zu müssen glaubt, dass das Gailtal ja in Österreich liege, hat gewiss recht. Er outet sich aber zugleich als schimmerloser Youngster, der mit dem 1974 erschienenen Musikdrama „Watzmann“, erfunden vom kongenialen Autorengespann Wolfgang Ambros und Joesi Prokopetz, noch nie in akustische Berührung kam. Das ist vielleicht besser so, denn dann wäre er womöglich tot. Die Schuld trüge ein Luder namens „Gailtalerin“. Das Satansweib besaß „feierrote Unterröck“ und schickte die Mannsbuilder gleich reihenweise in den sicheren Tod. Ein schickes rotes Kleid hat zweifellos auch meine Schöne, hinsichtlich ihres Blutdurstes setze ich aber unverdrossen auf eine nicht allzu nahe Seelenverwandtschaft mit dem fatalen literarischen Vorbild.
Meine Gailtalerin kam mit nur 15.000 Kilometern auf der Uhr für schlappe 999 Euro in meinen Besitz. In Kauf nehmen musste ich einen beschädigten Tank und diverse Kampfspuren auf der linken Seite der Verkleidung. Eine Spraydose originalen roten Honda-Lacks und ein neuer Aufkleber beseitigten fast alle Spuren. Die salzzerfressenen Motorseitendeckel wurden kurzerhand durch optisch intakte ersetzt. Dass sie nicht gülden schimmern, sondern in banalem Hellgrau prangen, wen störts?
Es folgte mein übliches Programm: 21 Liter Acerbis-Tank, Hauptständer von Five-Stars, Gepäckträger von Hepco & Becker, Zylinderschutzbügel vom Götz und ein mechanischer Kettenöler von Scottoil. Kurzzeitig war auch mal ein elektronischer Kettenöler von McCoi verbaut. Da er aber zu unerklärlichen Aussetzern neigte und der hochsensible Verkäufer selbst devot unterbreitete Kritik als anmaßend empfand, blieb diese Lösung nur ein kurzzeitiges Intermezzo. Wahre Freude bereitet dagegen der große Acerbis-Tank, der meine sparsam am Sprit nippende Rote mindestens 450 Kilometer vorantreibt.
Als Gepäcksystem schwebte mir was Zeitgenössisches vor. Das antike H & B-Topcase hatte ich mir bereits 20 Jahre zuvor für meine Urdomi zugelegt. In der Bucht fand sich dann für wenig Geld ein Paar Achtziger-Jahre-Koffer, die perfekt in das Rohrviereck des H & B-Tragers hinein passen. Aber hinten, an der Stelle, wo das Halteschloss hinkommt, sind sie ganz anderes geformt als die üblichen „Krauser-Koffer“. Auf die schräge Fläche passt kein mir bekanntes Halteschloss.
Ich behalf mich mit einem Satz von Winkeln aus 2 mm starkem Stahlblech, die ich mir von einem örtlichen Industriebetrieb zurecht schneiden ließ (Bild unten links). Ein Winkel mit einer Bohrung wurde an den Koffer montiert … das Gegenstück wurde mit dem Kofferträger verschraubt. Aus ihm ragt eine angeschweißte M 8-Schraube in Richtung des zu befestigenden Koffers (Bild unten Mitte). Der Koffer wird nun in das Rahmenviereck des Trägers eingepasst und die Schraube des - am Träger befestigten - Winkels durch die Bohrung des - am Koffer angebrachten - Winkels geschoben. Mit einer Mutter und einem kleinen fliegenden Schloss ist die Sache diebstahlsicher am Töff angebracht (Bild rechts). Ich hätte mir natürlich auch andere Koffer in der Bucht schießen können, aber das wäre weniger reizvoll gewesen, als diese technische Frage zu lösen.
Als Azzuri-Biene fehlte meiner Roten der in Deutschland vorgeschriebene Zündabschalter am Seitenständer. Ein Bremslichtschalter aus dem Oldtimer-Bereich, ein Bohrer, ein Relais und ein halber Meter Leitungsdraht schufen Abhilfe.
Meinen ersten Acerbis-Tank habe ich direkt nach der Montage einem Test unterzogen. Es handelte sich um den nominell 21 Liter fassenden Tank für die Urdomi. Tatsächlich rein gegangen sind beim ersten Tanken 21,8 Liter. Dann bin ich zügig durch die Gegend gebrettert: Nach 345 km musste ich auf Reserve schalten; bei Km-Stand 385 war auch die Reserve leer gefahren. Die im Tank verbliebene Restmenge habe ich nicht gemessen. Ich bin stets sehr zügig unterwegs gewesen. Wenn man annimmt, dass man im Ernstfall die letzten 100 km aus Gründen der Vorsicht deutlich langsamer zurücklegen würde, dürfte man auf eine tatsächliche Reserve von 50 km und eine Gesamtreichweite von 400 km beim 21 Liter-Tank kommen. Derlei Rechnungen hängen natürlich stark vom Spritdurst der Domi ab. Meine Urdomi ist keine Kostverächterin. Die rote Gailtalerin (Bj. 1991) kommt mit deutlich weniger Sprit aus. Ein Verbrauch von 4,5 Litern mit Gepäck ist bei ihr nicht ungewöhnlich - und das, obwohl ich jetzt auch nicht langsamer fahre als früher. Der Vergaser wurde auch schon mal dem Ultraschallbad überantwortet. In solch einem Glücksfall kommt man dann rechnerisch mit dem 21 Liter-Fass auf eine Gesamtreichweite von 466 km.
Mein sonst stets bevorzugter Jagg-Ölkühler stand mir diesmal nicht zur Verfügung. Also musste ich mir etwas anderes einfallen lassen. Nach längerer Suche landete ich schließlich beim Pro Line Ölkühler Serie 1 von Setrab.